Der Gast des Monats geht jeden ersten Samstag im Monat in die nächste Runde. Hier werden LehrerInnen und Lehrer vorgestellt, die jahrelangen Einsatz für den Islamischen Religionsunterricht gezeigt und unermüdlich sich für die religiöse Ausbildung ihrer Schülerinnen und Schüler eingesetzt haben.

Zeynep Elibol, Tätig bei IGGÖ seit 1988

Zeynep Elibol wurde 1964 in Istanbul geboren. Im Alter von vier Jahren geht sie mit ihren Eltern nach Schleswig Holstein in Deutschland. Als die Familie später wieder nach Istanbul zurückzieht, schließt sie dort das Gymnasium ab und inskribiert technische Physik an der Technischen Universität Istanbul. Im Jahre 1986 entschließt sie sich dazu, ihre Ausbildung in Wien fortzusetzen. Und beginnt neben ihrem Studium als Religionslehrerin zu arbeiten.

Als muslimische Frau hatte sie sich an der „Technischen Universität Wien“ allerdings mit mehr als einem Konflikt konfrontiert gesehen. Sowohl das Kopftuch, als auch die Tatsache, dass sie in den 1980er-Jahren als Frau an einer technischen Hochschule in Österreich eine Seltenheit war, waren eine große Herausforderung.  Es gab damals kaum weibliche Studierende, keine Assistentinnen, Dozentinnen oder Professorinnen. Es war ein großer Schock für sie, da der Frauenanteil am Physikstudium in Istanbul vergleichsweise bei ca. 40 Prozent lag.

Seit 2002 ist sie Direktorin der Islamischen Fachschule für Soziale Bildung in Wien.

2008 erhielt sie den Frauenpreis der Stadt Wien im Bereich Bildung, hier der dazu veröffentlichte Artikel:

https://www.wien.gv.at/menschen/frauen/stichwort/politik/frauenpreis/preistraegerinnen/zeynep-elibol.html

2. Wie haben Sie sich zum Lehrerberuf entschlossen?

Während meines Physikstudiums habe ich nach einem Job gesucht. Ein Religionslehrer musste für längere Zeit in den Krankenstand. Er hat mich als Ersatz für ihn vorgeschlagen. Nach einer Aufnahmsprüfung wurde Ich in Vertretung aufgenommen. Das Unterrichten und die Jugendarbeit haben mir so gut gefallen, so dass ich geblieben bin und noch weitere Stunden erhielt. Neulehrerinnen mussten damals auf der damaligen Pädak (heute PH) 4 Semester studieren. So bin ich auf den Geschmack gekommen Pädagogik an der Uni Wien zu studieren. So konnte ich Jugendliche Professionell unterstützen.

3. Was war Ihr schönstes Erlebnis im Beruf?

Ich habe vor allem Schülerinnen immer motiviert Matura zu machen oder einfach weiter zu machen. Eines meiner schönsten Erlebnisse war, als eine Schülerin nach der Mittelschule ins Gymnasium aufgenommen wurde und maturierte. Ihre Eltern stimmten zuerst der weiteren schulischen Laufbahn nicht zu, aber ich konnte das Mädchen so stärken, dass wir gemeinsam ihre Eltern überzeugen konnten. Sie hat maturiert und ist heute Ärztin. Und sie ist nicht die Einzige. Also Elternarbeit hat sich immer bewährt.

4. Gab es einen Moment/Tag an dem Sie diesen Beruf aufgeben wollten bzw. der Weg in die Schule schwergefallen ist?      

Nein!

5. Was favorisieren Sie mehr, Leiterin zu sein oder als Lehrerin vor der Klasse zu stehen?

Eine gute Frage, aber auch schwierig zu beantworten. Ich unterrichte leidenschaftlich gerne. Beides zusammen ist nicht einfach. Ich habe neben Religion auch Physik und Umweltbildung unterrichtet. Derzeit unterrichte ich Religion und Soziale Handlungsfelder.

Als Leiterin kann man mehr bewegen. Aber als Lehrerin hat man mehr Zeit sich auf den Unterricht zu konzentrieren.

6. Welche Vorteile und Nachteile bringt eine konfessionelle Schule mit sich? Wieso sollen SchülerInnen/Erziehungsberechtigte sich für Ihre Schule entscheiden?

Ein großer Vorteil ist, dass wir nicht so groß sind und die LehrerInnen sich Zeit für die SchülerInnen und Eltern nehmen. Die SchülerInnen haben die Möglichkeit ihren religiösen Gefühlen Raum zu geben. Sie werden respektiert.

Ein Nachteil fällt mir gerade nicht ein. Die Schule hat das Öffentlichkeitsrecht auf Dauer und ist den anderen Fachschulen gleichgestellt. Das professionelle LehrerInnen-Team motiviert die SchülerInnen und fördert sie. Es ist uns ein großes Anliegen, dass die SchülerInnen zu mündigen BürgerInnen heranwachsen und in der Gesellschaft partizipieren.

Interessierte können unter www.bif-fachschule.at mehr über die Schule erfahren.

7. PädagogInnen nehmen die Arbeit ja meistens mit nach Hause, wie schalten Sie außerhalb der Schule ab?

Ich bin relativ lang in der Schule und versuche die Arbeit in der Schule fertig zu stellen, um möglichst keine Arbeit mit nach Hause zu nehmen.

Ich relaxe mit Meditation und Musik (Naturklänge).

8. Können Sie uns näheres über Ihre zusätzlichen Qualifikationen, wie Coaching und Supervision berichten?

Ich bin psychologische Beraterin in Ausbildung unter Supervision und Burn Out Prophylaxe Trainerin sowie auch Konfliktmanagerin. Ich berate in Problemsituationen Eltern, Jugendliche, Erwachsene und Paare und biete Entspannungsübungen an, um Burn Out zu vermeiden.

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Ich bin auch zu den Bereichen Palliative Care, Seelsorge, Bedürfnisse von MuslimInnen im Spital, Rechte der Frauen und Nachhaltigkeit als Referentin unterwegs.

Ich unterrichte am Zertifikatskurs Spitalsseelsorge an der Uni Wien und gelegentlich am Universitätslehrgang „Spirituelle Theologie im interreligiösen Prozess in Salzburg. Da Lifelong Learning in meinem Leben zentral ist, dissertiere ich in klinischer Psychologie und bilde mich durch Symposien und Seminare weiter.

Im Mai wird ein Sammelband mit dem Titel „Islamintegrierte Psychotherapie und Beratung“ im Psychosozial-Verlag erscheinen. Darin wird auch ein Beitrag von mir sein.

9. Welche Herausforderungen haben/hatten Sie als Leiterin während der Pandemie? Wie erleben Sie diese Zeit?

Die größte Herausforderung war die Digitalisierung. Nicht alle SchülerInnen hatten einen PC oder Laptop. Das erschwerte den Zugang zum Unterricht. Schließlich haben wir aber Lösungen gefunden.

Es konnten leider auch keine Gruppenarbeiten gemacht werden. Didaktisch war es, und ist es immer noch, schwierig. Die Schülerinnen haben das Bedürfnis zusammen zu sitzen und Lehrausgänge zu machen.

10. Wurde während der aktuell herrschenden Krise die psychische Gesundheit der MitarbeiterInnen und auch SchülerInnen gestärkt? Wenn ja, was wurde gemacht?

Ja, auf jeden Fall! Ich habe regelmäßig die LehrerInnen nach ihrem Befinden gefragt. Wir haben die SchülerInnen angerufen und ihnen den Raum gegeben über sich zu erzählen. In den pädagogischen Konferenzen haben wir uns ausgetauscht. Die LehrerInnen haben die Möglichkeit mich jederzeit zu erreichen und sich auszutauschen.

Die SchülerInnen haben ein Corona Tagebuch geführt. Dieses Projekt wurde von einer Professorin ins Leben gerufen. Es sind ganz tolle Werke entstanden.

11. Können Sie den LeserInnen einige Tipps mitgeben, wie es möglich ist, die Zeit der Pandemie ohne schwere psychische Belastungen zu überwinden?

Es ist wichtig in der frischen Luft spazieren zu gehen und die sozialen Kontakte aufrecht zu halten und bei Bedarf die psycho-sozialen Dienste in Anspruch zu nehmen.

12. Was möchten Sie den KollegInnen mitgeben/noch sagen?

Sie sind oft der Ast an dem sich SchülerInnen klammern. Daher ist es wichtig, dass sie (die LehrerInnen) auf sich schauen. Entspannung ist sehr wichtig. Meditationsübungen, Musik hören, Achtsamkeitsübungen, Spazierengehen in der Natur und einfach sich mit anderen austauschen, können sehr hilfreich sein.

SchülerInnen sind sehr dankbar, wenn ihnen Raum für ihre Gedanken und Gefühle gegeben wird.

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