Unter dieser Rubrik werden einmal monatlich KollegInnen und Persönlichkeiten vorgestellt, die für den Islamischen Religionsunterricht Wichtiges geleistet haben.
Lernen Sie mit uns alte, junge, erfahrene, unerfahrene – aber auf jeden Fall besondere- Menschen kennen, die selten zu Wort kommen.
Hier ist unser erster Gast.
Seine Liebe und Hingabe zum Beruf und sein unermüdlicher Fleiß sind aus den unteren Zeilen nachlesbar.

Zur Person:

Muhsin Gümüser

wurde 1956 in Tokat/Türkei geboren. Er ist verheiratet, hat vier Kinder und ist vierfacher glücklicher Großvater.

Seine schulische Laufbahn:

Im Jahre 1975 hat er das Imam-Hatib-Gymnasium in der Türkei absolviert und begann anschließend als Imam in einer Moschee zu arbeiten.
Noch im selben Jahr begann er sein Studium am Islamischen Institut in Konya, welches später zur Theologischen Fakultät umbenannt wurde. Vier Jahre danach hat er die Fakultät mit Erfolg abgeschlossen.

Sein beruflicher Werdegang:

Im Jahre 1979 begann seine Tätigkeit als Lehrer. Er arbeitete fünfzehn Jahre lang in der Türkei, davon fünf Jahre als Direktor an einer Hauptschule. Dort hatte er die Möglichkeit viele neue Erfahrungen zu sammeln.
Im September 1993 startete seine Reise als Islamischer Religionslehrer in Niederösterreich. Zwei Jahre danach wurde er nach Wien versetzt und begann mit der Betreuung von insgesamt neun Schulen.
Heute ist er an einer Wiener Volksschule tätig.

Ehrenamtliche Tätigkeiten:

Muhsin Gümüser leitet seit über zwanzig Jahren die Freitagsgebete im AKH und besucht als Seelsorger wöchentlich muslimische PatientInnen vor Ort.
Weiters ist er Mitglied in einem Bildungsverein.
Eine große Vorliebe hat er für Sufimusik, diese praktiziert er gerne in seiner Freizeit unter Freunden.

Interviewfragen:

Wie haben Sie sich zum Lehrerberuf entschlossen?

Meine Volkschullehrerin war eine vorbildliche und liebevolle Person. Sie beeindruckte mich so sehr, dass ich unbedingt diesen Beruf ausüben wollte. Außerdem ist die erste Aufforderung des Islams das Lesen. Der Prophet sprach über die große Wertigkeit des Lesens, Lernens und Lehrens, er sagte sinngemäß: „Der Beste unter euch ist derjenige, der den Koran lernt und lehrt.“
Ali (r.a.) sagt: „Ich werde der Sklave dessen sein, der mir einen Buchstaben lehrt.“ Durch diese und ähnlich lobenden Zitate, Schilderungen und Worte, bin ich beflügelt worden diesen Beruf auszuüben. Seit 41 Jahren arbeite ich als Lehrer, Alhamdulillah (Dank sei Allah). Mit Liebe, Mitgefühl und großem Verantwortungsbewusstsein kümmere ich mich um die Kinder.
Würde ich wiedergeboren werden, wäre ich gerne wieder Lehrer.

Was war Ihr schönstes Erlebnis im Beruf?

41 Jahre sind eine lange Zeit, natürlich erinnere ich mich an vieles. Mein erster Dienstort war ein Imam-Hatip Gymnasium in Ardahan (Türkei). Das LehrerInnen-Team war sehr jung, sehr eifrig und strebsam, so wie ich auch. In der siebten Klasse gab es ein Unterrichtfach namens Hitabet (Redekunst). In diesem Fach schickte ich die Schüler in die Moscheen, um den Ezan (Gebetsruf) zu rufen und das Gebet zu leiten. Vorher bereitete ich die Hutba-Rede vor, verteilte es an die Schüler und übte mit ihnen in der Schule. Wer sowohl die Hutba, als auch die Hutba-Duas erfolgreich vortrug, durfte in der Moschee auch das Freitagsgebet leiten. Meine Aufgabe war es die Schüler in der Moschee zu beobachten und zu hospitieren. Es waren eiskalte Wintermonate. An manchen Tagen hatte es bis zu -15 Grad, aber ich tat es gerne.
Während der vielen Jahre habe ich auch StudentInnen durch ihre Praxis betreut. Es macht mich sehr glücklich mit KollegInnen zu arbeiten, die früher meine SchülerInnen oder StudentInnen waren. Ich freue mich immer, wenn ich mich mit meinen ehemaligen SchülerInnen treffe und sie einen guten Arbeitsplatz gefunden haben.

Es gibt keine „dummen“ Fragen. Welches war Ihre beste Antwort?

Für mich sind die Fragen wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass durch die Fragen die Tore zum Wissen und zur Religion geöffnet werden. Neugierige Fragen ermöglichen uns neue Wege zu finden. Durch Fragen verstehen die Kinder vieles besser, darum ermutige ich meine SchülerInnen Fragen zu stellen.

Gab es einen Moment/Tag an dem Sie diesen Beruf aufgeben wollten bzw. Ihnen der Weg in die Schule schwergefallen ist?

Ich habe bis jetzt so ein Gefühl oder so eine Situation nicht erlebt. Vielleicht liegt das daran, dass ich meinen Beruf von ganzem Herzen liebe. Das Leben ist nicht eintönig und monoton, es geht immer wieder bergauf und bergab. Manchmal wird unsere Arbeit schwieriger, aber wir wissen, dass es nach jeder Schwierigkeit eine Erleichterung gibt. Jeder Mensch hat eine eigene Welt. Wir sollen uns ständig bemühen, unser Wissen aufzufrischen und gegenüber neuen Entwicklungen aufgeschlossen zu sein. Wir sollen uns auf neue Lebenssituationen vorbereiten und uns ihnen anpassen. Man sollte wissen, dass wir unsere Probleme mit Hilfe unserer pädagogischen Fähigkeiten und mit Glauben, Geduld, Gottesvertrauen und Dua lösen können.
Wir sind keine Eisenschmiede. Der Mensch ist, wie ein Palast mit 100 Türen. Wir können eine offene Tür finden, um in das Herz des Menschen einzudringen. Wenn wir mit Aufrichtigkeit unsere Pflicht erfüllen, wissen wir, dass Allah die geschlossenen Herzen öffnet.

LehrerInnen nehmen die Arbeit meistens mit nach Hause, wie schalten Sie außerhalb der Schule ab?

Ich bin sowohl in der Schule als auch in meinem Privatleben ein Lehrer. Es gibt wirklich viel zu tun. Das Leben geht schnell vorbei. Deshalb sollte man organisiert und nach Plan arbeiten. Das Leben ist so kurz und die notwendigen Angelegenheiten hingegen sind so viele. Der Spruch „Ich werde es morgen machen.“ ist eine Lehre, die Gott nicht gefällt. Lasse die Arbeit von heute nicht auf morgen.

Der Beste unter euch ist derjenige, der den anderen hilft.

Es ist bekannt, dass die Taten über den Worten stehen. Wenn man etwas Gutes machen will, öffnet Allah unseren Weg und hilft uns. Wir sind sowohl für unsere Taten verantwortlich, die wir begangen haben, als auch für die Taten, die wir hätten machen müssen, dies jedoch nicht gemacht haben. Wenn ich Dua mache, wenn ich meinen Mitmenschen helfen und ihnen eine Freude bereite, fühle ich mich erleichtert und freue mich. Dieses Gefühl macht mich glücklich und motiviert mich gleichzeitig weiter zu machen. Seit über 20 Jahren leite ich die Freitagsgebete im AKH. Jeden Freitag besuche ich als Seelsorger die muslimischen PatientInnen und mache Dua für sie. Aus Freude machen sie auch Dua für mich. Diese Tätigkeiten mache ich ehrenamtlich, weil ich mich auch für Menschen nützlich machen möchte. Deshalb brauche ich nicht abzuschalten, da der Islam der wichtigste Bestandteil unseres Lebens ist.
Ich bin auch ein Mitglied eines Bildungsvereins. Ich bin mir sicher, wenn man etwas Gutes machen will, erleichtert Allah unseren Weg. Wenn man den Menschen hilft, sollte man wissen, dass Allah uns sowohl in diesem Leben als auch im Jenseits beistehen wird.

Was möchten Sie den KollegInnen mitgeben bzw. noch sagen?

Unser Beruf ist der Beruf aller Propheten. Unsere Aufgabe ist eine Gabe von Allah. Jeder von uns sollte diesen Beruf mit dieser Absicht praktizieren.
Man soll die Schülerinnen und Schüler lieben, wie die eigenen Kinder und ein Vorbild für sie sein. Wir wissen schon, dass die Taten mehr beeinflussen als die Worte. Wir wissen, dass, diejenigen, die glauben, die gute Werke tun, die Recht und Geduld empfehlen, werden gerettet werden.
Man sollte sich bewusst sein, dass man die Geschöpfe, die in bester Gestalt geschöpft wurden, unterrichtet.

„Warum sagt ihr das eine und tut das andere?“ ist ein Satz des Korans. Was wir gesagt haben, sollten wir in die Tat umsetzen.

„Diene Allah, als ob du Allah sehen würdest. Auch wenn du Allah nicht siehst, sieht Allah dich.“

Man sollte so unterrichten als wäre es eine Form des Betens.

Ich wünsche allen meinen KollegInnen alles Gute, Gesundheit und ein langes und schönes Leben.
Viel Erfolg und Geduld bei ihrer Arbeit und mögen sie das Wohlgefallen Allahs swt. erreichen!

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